Was jeder über die Benesch-Dekrete wissen sollte

Im Zusammenhang mit der offenen sudetendeutschen Frage sind die Benesch-Dekrete in die Diskussion gekommen. So forderte das Europäische Parlament die Regierung der Tschechischen Republik auf, diese Dekrete aufzuheben.

Der Begriff Benesch-Dekrete stellt eine Zusammenfassung aller von dem Präsidenten Edvard Benesch erlassenen Rechtsvorschriften dar. Die Sudetendeutschen betreffen nur einige dieser Dekrete. Die Forderung auf Aufhebung kann sich nur auf diese Dekrete beschränken.

Entrechtung und Enteignung der Sudetendeutschen

Grundlage für die Vertreibung und Entrechtung der Sudetendeutschen war das Kaschauer Regierungsprogramm vom 5. April 1945. Das Kaschauer Statut der „Nationalen Front“ enthält in Kapitel VIII die Forderung nach Ausweisung von Personen deutscher Volkszugehörigkeit.

Das Kaschauer Regierungsprogramm erhielt durch das Verfassungsdekret des Präsidenten Benesch vom 2. August 1945 Gesetzeskraft. Die Folge dieses Dekretes war insbesondere die Aberkennung der tschechoslowakischen Staatsangehörigkeit.

Die folgenden gesetzlichen Maßnahmen führten zur völligen Entrechtung der Deutschen, die nach Kriegsende in der Tschechoslowakei lebten.

Aufgrund des Dekretes über die Arbeitspflicht vom 19. September 1945 wurden die Arbeitgeber verpflichtet, bei deutschen Arbeitnehmern neben den üblichen Steuern und Sozialabgaben 20% des Bruttolohnes einzubehalten und auf ein Konto des zuständigen Bezirksnationalausschusses zu überweisen. Ausgenommen davon waren Personen mit drei und mehr Kindern, behördlich anerkannte Facharbeiter und im Bergbau tätige Personen.

Weiter mußten aufgrund der Kundmachung vom 22. Juni 1945 sämtliche Zahlungen an Deutsche auf Sperrkonten überwiesen werden. Davon nicht betroffen waren Lohn-, Gehalts- und Rentenzahlungen bis zu einem Betrag von 2000 Kronen monatlich sowie Zahlungen aus Geschäften des täglichen Lebens.

Über die Sperrkonten konnte nur mit besonderer Genehmigung verfügt werden (z.B. Bezahlung der Kosten für die Krankenversicherung). Die verbliebenen Sperrkonten wurden mit Wirkung vom 1. Januar 1953 zugunsten des Staates eingezogen. Weiter mußten alle im Besitz von Deutschen befindlichen Wertpapiere in Sperrdepots hinterlegt werden. Sie wurden auch zugunsten des tschechoslowakischen Staates eingezogen.

Die vorstehenden Dekrete wurden besonders streng gegenüber alteingesessenen Deutschen angewandt. Die Sudetendeutschen sind von den Tschechen mitverantwortlich für die Ereignisse im Jahre 1938 und 1939 (Münchener Abkommen, Besetzung der Rest-Tschechoslowakei) gemacht worden.

Es kam zu zahlreichen Willkürmaßnahmen. Die Deutschen mußten weiße Armbinden tragen, erhielten Lebensmittelkarten mit kärgsten Rationen und durften öffentliche Verkehrsmittel nur ausnahmsweise benutzen. Viele Deutsche wurden ohne Grund verhaftet oder in das Innere Böhmens zu schwerer Arbeit in den Bergwerken oder in die Landwirtschaft, auch in Konzentrationslager, gebracht. Auch mußten die Deutschen ihre Wohnungen räumen und sich mit minderwertigen Unterbringungsmöglichkeiten begnügen. Aus dem Inneren Böhmens kamen Tschechen, die sogenannten „Goldgräber“, die sich Häuser, Landwirtschaften und Betriebe aussuchten.

Die „Goldgräber“ setzten die deutschen Eigentümer einfach auf die Straße. Tschechen wurden als Nationalverwalter eingesetzt und übernahmen dann das geraubte Objekt oft selbst.

Die Benesch-Dekrete verstoßen eklatant gegen das Völkerrecht

Die herrschende Meinung führender Rechtswissenschaftler geht dahin, daß die Konfiszierung des Vermögens der Sudetendeutschen aufgrund der Benesch-Dekrete einen groben Verstoß gegen das Völkerrecht, insbesondere gegen die Haager Landkriegsordnung darstellt.

Der verstorbene österreichische Völkerrechtler Professor Ermacora sah in der Vermögenskonfiskation eine schwere Menschenrechtsverletzung.

Nach Professor Dieter Blumenwitz haben Vermögenskonfiskationen Verfolgungscharakter. Die Menschenwürde sei immer verletzt, wenn es zu Verfolgungen und Ächtungen komme, stellte er fest.

Nach Professor Blumenwitz erfüllt der Vollzug der vorstehend aufgeführten Benesch-Dekrete den Tatbestand des Verbrechens gegen die Menschlichkeit im Sinne der Rechtsprechung des Internationalen Gerichtshofs in Nürnberg.

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Die vollständigen Texte der Benesch-Dekrete können Sie unter www.mitteleuropa.de/gesetze.htm abrufen.


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Abbildung Buchtitel

Rudolf Grulich u. Adolf Hampel
Mit den Benes-Dekreten in die EU?
Anmerkungen zum Verhältnis von
Sudetendeutschen und
Tschechen
Ulm: Gerhard Hess Verlag 2000

Die Zeit arbeitet gegen die Sudetendeutschen. Die Mehrheit der Tschechen ist der Meinung, daß die Vertreibung von über drei Millionen Menschen aus ihrer angestammten, Jahrhunderte alten Heimat in Böhmen und Mähren 1945/46 richtig war. Am Ende des 20. Jahrhundert sollen nun die Sudetendeutschen als eine Volksgruppe in die Geschichte eingehen, der zu Recht die Kollektivstrafe auferlegt wurde.
Die deutsche Öffentlichkeit nimmt dies ebenso hin wie Europa dazu schweigt. Wenn aber Vertreiberstaaten in die EU kommen, ohne die Unrechtsdekrete von 1945 aufheben zu müssen, ist damit ein Präzedenzfall geschaffen, der Europas Werte aushöhlt.
Dagegen wenden sich Rudolf Grulich und Adolf Hampel in diesem Buch.
Als Sudetendeutsche haben sie sich für die Aussöhnung mit dem tschechischen Volk seit Jahrzehnten bereits in einer Zeit eingesetzt, als es nicht opportun war. Mit Recht prangern sie an, daß nach der Wende des Jahres 1989 die meisten Politiker der Tschechischen Republik ihrer demokratischen Tradition untreu wurden, welche die Charta 77 so glaubwürdig vertrat.
Das Volk eines Comenius hat es nicht verdient, als Vertreiberstaat ins 3. Jahrtausend zu gehen. Es sollte die Benes-Dekrete aufheben, wie Südafrika die Apartheid-Gesetze aufhob.