Die Sudetendeutschen - Eine Volksgruppe im Herzen Europas

Ausstellung im Haus der Heimat in Wiesbaden

Im Haus der Heimat in Wiesbaden wurde die Ausstellung "Die Sudetendeutschen- Eine Volksgruppe im Herzen Europas" eröffnet. Das Interesse an diesem Thema zeigte sich an der großen Zahl der Teilnehmer. Es war kein Stuhl mehr zu bekommen.

Die Ausstellung befasst sich mit dem Verhältnis zwischen Sudetendeutschen und Tschechen von der Ostsiedlung bis hin zur Gegenwart. Es wird auch auf das Münchner Abkommen von 1938 eingegangen, durch das die von Deutschen bewohnten Gebiete der Tschechoslowakei an das Deutsche Reich abgetreten wurden. Die Gültigkeit des Münchner Abkommens ist heute noch ein Zankapfel.

Weiter werden die Vertreibung, die Brandtsche Ostpolitik, die samtene Revolution in der Tschechoslowakei, die Lage der deutschen Minderheit in der Tschechischen Republik, der Kosovo Krieg und der Beitritt der Tschechischen Republik zur Europäischen Union beleuchtet, um einige Beispiele aufzuführen. Auch sind auf einer Tafel Prominente zu sehen, die im Sudetenland geboren wurden oder sudetendeutsche Wurzeln haben. Zu nennen sind hier beispielsweise, Alfred Biolek, Harald Schmidt, Hans Peter "Hape" Kerkeling, Oskar Schindler, Peter Glotz, Horst Teltschick, Uwe Karsten Heye, Ursula Engelen- Kefer und Karin Stoiber.

Bei der Eröffnung der Ausstellung bemängelte der Kulturreferent des Bundes der Vertriebenen (BdV), Otmar Schmitz, die Unkenntnis über diesen Teil der Geschichte, der in den Schulen oft zu kurz komme.

In ihrem Grußwort, versprach Stadträtin Helga Skolik, sie wolle sich bei der Schuldezernentin dafür einsetzen, dass die Wiesbadener Schulen die Ausstellung besuchten.

Rudolf Friedrich, Landesbeauftragter der Hessischen Landesregierung für Heimatvertriebene und Spätaussiedler, wies auf die Aufnahme von etwa 400.000 Sudetendeutschen nach Zweiten Weltkrieg in Hessen hin. Er lobte die Aufbauleistung der Heimatvertriebenen.

Der Landesvorsitzende des BdV und Landesobmann der Sudetendeutschen Landsmannschaft, Alfred Herold, sprach auch das oft fehlende Wissen über das Schicksal der Sudetendeutschen an. "Wir müssen unser kulturelles Erbe in die Zukunft tragen", sagte er an die Teilnehmer gewandt.

In die Ausstellung führte der Generalsekretär des Sudetendeutschen Rates, Albrecht Schläger, ein. Als Ziel nannte er, Wissensdefizite über politische und völkerrechtliche Zusammenhänge auszugleichen. Meinungsverschiedenheiten würden nicht verschwiegen. Die Ausstellung solle jedoch zusammenführen. "Wer die Zukunft meistern will, muss die Vergangenheit bewältigen", ist seine Devise.

Der Generalsekretär skizzierte die deutsche und tschechische Geschichte. Er ging auf die Nationalitätenkonflikte im 19. Jahrhundert ein. Dabei ließ er nicht aus, dass mit dem "Mährischen Ausgleich" ein Weg zum Zusammenleben gefunden wurde. Der Erste Weltkrieg hätte das aber zunichte gemacht. Auf die Pariser Friedenskonferenz eingehend, bemerkte er, die Siegermächte hätten die Landkarte "neu gezeichnet". Das Selbstbestimmungsrecht der Völker sei mit Füßen getreten worden. Zu den Ereignissen des 4.März 1919 führte Schläger an, die friedliche Demonstration der Sudetendeutschen, bei der 54 Teilnehmer vom tschechischen Militär erschossen wurden, hätte Benesch bei den Siegermächten als Aufstand bezeichnet.

Weiter zeigte er die Bedrückungsmaßnahmen, die die Sudetendeutschen nach dem Ersten Weltkrieg erleiden mussten, auf. Auch sprach er das Münchner Abkommen und die Zeit danach an. Die Sudetendeutschen seien damals verblendet gewesen.

Als Kuriosum stellte er heraus, die Nationalsozialisten hätten bei einer Untersuchung in Böhmen herausgefunden, wonach 45 Prozent der Tschechen und nur 25 Prozent der Sudetendeutschen dem germanischen Ideal entsprachen.

Auf die Vertreibung eingehend, fügte Schläger hinzu, "Die Vertreibung war Unrecht, Vertreibung ist auch heute noch Unrecht. Die Tschechische Republik muss die völkerrechtlichen Grundsätze umsetzen". In diesem Zusammenhang verwies er auf diesbezügliche Resolution des Europäischen Parlaments. Die Weitergeltung des so genannten Straffreistellungsgesetzes könne nicht hingenommen werden. Die Menschenrechte seien unteilbar. Er rief Tschechen und Deutsche auf, die Geschichte gemeinsam aufzuarbeiten. Diese Friedensarbeit müsse weiter beschritten werden.

Schläger brach eine Lanze für Hessen und für Ministerpräsident Roland Koch. Die Übernahme der Patenschaft von Hessen über das Zentrum gegen Vertreibungen bezeichnete er als ein "großartiges Signal". Bayern musste daher zwangsgemäß folgen. Während Hessen die Mittel zur Förderung der Vertriebenenarbeit erhöhte, nahm Bayern erhebliche Kürzungen vor. So seien die Zuwendungen für den Sudetendeutschen Rat auf Null gesetzt worden. Ministerpräsident Beckstein habe auf Schreiben überhaupt nicht geantwortet. "Ich sage als Sozialdemokrat, dass Hessen hier vorbildlich gearbeitet hat", fügte Schläger hinzu.

Von der Stadtverordnetenversammlung der Landeshauptstadt Wiesbaden nahmen Ingrid Raiss und Monika Mucha (beide CDU) teil.

Die Ausstellung ist bis zum 30.September 2008 im Haus der Heimat in Wiesbaden, Friedrichstraße 35, zu sehen.
Öffnungszeiten sind von Montag bis Freitag von 14.00 bis 19.00 Uhr.

Informationen erteilt das Kulturreferat des BdV, Telefon 0611 / 360 19 17

 

Adolf Wolf
im September 2008