Keine Achtung vor der Würde der Toten

Kurz nach Ende des Zweiten Weltkriegs verübten in der Tschechoslowakei Angehörige der tschechoslowakischen Armee, tschechische Revolutionsgarden sowie auch Zivilisten grausame Massaker unter der deutschen Zivilbevölkerung.

In der der Tschechischen Republik gibt es noch Hunderte von Massengräben, die in Vergessenheit zu geraten scheinen. Die Opfer dieser Gräueltaten wurden außerhalb der Friedhöfe in Massengräbern verscharrt. Der tschechoslowakische Staatssicherheitsdienst führte nach den Massakern Untersuchungen durch. Diese Unterlagen wurden bisher geheim gehalten. Es wurde befürchtet, durch diese Massenmorde könnte das Ansehen der Tschechoslowakei im Ausland beschädigt werden. Entsprechende Akten befinden sich in Archiven in Prag.

Wie aus sicheren Quellen verlautete, sind dort etwa 3.000 Skizzen über die Lage dieser Massengräber vorhanden. Die deutsche Kriegsgräberfürsorge kann diese Toten nicht bergen und würdig bestatten, weil sich die Tschechische Regierung weigert, ein entsprechendes Abkommen mit der Bundesrepublik Deutschland zu schließen.

Die Landesversammlung der Landesgruppe Hessen der Sudetendeutschen Landesmannschaft mahnte bereits seit dem Jahr 2003 in Entschließungen ein entsprechendes Abkommen an.

In der letzen Entschließung vom 15.März 2008 heißt es: "Die Delegierten äußern ihr großes Unverständnis über die Weigerung der Regierung der Tschechischen Republik, mit der Bundesrepublik Deutschland ein Abkommen über die Bestattung deutscher Opfer abzuschließen, die kurz nach dem Zweiten Weltkrieg bei Massakern oder in tschechischen Konzentrationslagern umkamen und heute noch in Massengräber verscharrt sind. Nach Auffassung der Landesversammlung hat die Bundesregierung in dieser Frage die deutschen Interessen nicht hinreichend vertreten."

Diese Entschließung wurde direkt an die Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel, geschickt. Das Bundeskanzleramt gab daraufhin mit Schreiben vom 1. August 2008 folgende Antwort:
Für Ihr Schreiben an die Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel vom 28. März 2008 danke ich Ihnen. Mit der Entschließung der Landesversammlung vom 15.März 2008 unterstreicht die Landesgruppe Hessen der Sudetendeutschen Landsmannschaft erneut ihr besonderes Engagement für eine würdevolle Beisetzung der Opfer der unmittelbaren Nachkriegszeit. Seit Ihrem Schreiben ist es zu einer Reihe hochrangiger Begegnungen mit der tschechischen Regierung gekommen. Ich bedauere, Ihnen mitteilen zu müssen, dass es dabei nicht gelungen ist, eine generelle Lösung, z. B. in Form eines allgemeinen Abkommens, zu finden. Erfreulich ist dagegen, dass am 26.Mai 2008 eine Vereinbarung zur Errichtung einer Grabstätte in Eger für die Toten von Aussig zwischen dem Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. und der Stadt Eger unterzeichnet werden konnte. Dies bietet die Chance, ein würdige Stätte des Gedenkens und der Trauer, aber auch der Begegnung und Versöhnung zu schaffen. Die Vereinbarung ist somit eine wichtige Zwischenetappe auf dem Weg zu einer würdigen Bestattung von deutschen (Nach)Kriegstoten in Tschechien. Die Bundesregierung wird der Thematik weiterhin große Aufmerksamkeit widmen.

Diese Antwort wurde mit großem Befremden aufgenommen. Nach der Formulierung, dieser Thematik werde große Aufmerksamkeit gewidmet, ist zu schließen, dass die Bundesregierung nichts weiter unternehmen will.

Sudetendeutsche, die Angehörige durch diese Massaker verloren haben, können die Haltung der tschechischen Regierung nicht verstehen. Während auf der kommunalen Ebene dieser unrühmliche Teil der tschechischen Geschichte aufgearbeitet wird, schaltet die Regierung der Tschechischen Republik auf stur. In Brünn und in Komotau stellen Studenten und Schüler jährlich die Todesmärsche nach. In Prag hingegen will man offensichtlich nicht, dass bei einer Freilegung der Massengräber und Exhumierung der Opfer diese grausamen Bluttaten der Öffentlichkeit bekannt werden. Ein Sudetendeutscher, dessen Angehörige bei einem Massaker ums Leben kamen, bemerkte dazu: "Die Tschechen sind in der EU. Sie sollten sich der Vergangenheit stellen und die Opfer in einer würdigen Grabstätte beisetzen. In dieser Beziehung sind sie von Europa, wenn es um diese humanitäre Aufgaben geht, noch weit entfernt. Sie müssen die Würde der Toten achten".

Adolf Wolf
September 2008