Ethnische Säuberungen im Schönhengstgau

Das 20. Jahrhundert geht als das Jahrhundert der Vertreibungen in die Geschichte ein. Durch die jüngsten grausamen Bilder von Vertreibungen auf dem Balkan, die durch die Medien gingen, kam auch an die Oberfläche, dass nach dem Zweiten Weltkrieg rund 18, 2 Millionen Deutsche von Flucht, Vertreibung und Deportation betroffen waren.

Diese damaligen Gewaltmaßnahmen gegen Deutsche sind heute zu einem Reizthema geworden. Das zeigt die Diskussion um das vom Bund der Vertriebenen initiierte Zentrum gegen Vertreibungen. Auch die Politik verdrängte dieses Thema. So heißt es in der Deutsch-Tschechischen Erklärung, die Zukunft solle nicht mit Fragen aus der Vergangenheit belastet werden.

Es kommen jedoch immer wieder Gräueltaten ans Tageslicht. Der Leiter des Instituts für Kirchengeschichte von Böhmen-Mähren und Schlesien e.V, Königstein, Prof. Dr. Rudolf Grulich, hat in seinem Buch "Zeitzeugen der ethnischen Säuberungen 1945/46" Berichte katholischer Priester aus dem Schönhengstgau über ihre Erlebnisse bei der Vertreibung der Sudetendeutschen zusammengefasst. Im Jahre 1948 schrieb der spätere Weihbischof Adolf Kindermann alle sudetendeutschen Priester an, deren Adresse bekannt war, und erbat detaillierte Berichte über die Vertreibung. Das Buch enthält Berichte von katholischen Geistlichen aus Deutsch- Brodek, Jansdorf, Krönau, Landskron, Müglitz, Sichelsdorf,Tattenitz, Triebendorf, Triebitz, Unter- Heinzendorf, Witteschau und Zwittau. Besonders werden die grausamen Exzesse in Landskron ausführlich geschildert. In dem Bericht von Dechant Alois Lorenz heisst es dazu: "Namenloses Elend kam am 17.Mai 1945, als das Volksgericht oder Blutgericht tagte. 45 Personen etwa, darunter ganz Unschuldige, wurden am Ringplatz in den Wasserbehälter geworfen und zu Tode geprügelt, wie Hunde erschlagen, einige noch bei der Rathausmauer erschossen, deren Blut noch wochenlang an dem Gebäude sichtbar war, einige auch in der Durchfuhr des Gasthauses (Gemeindehaus) in der rohesten Weise misshandelt oder totgeschlagen, auf Lastwagen wurden ihre Leichen auf den Friedhof durch die Stadt geführt. Köpfe und Arme baumelten von dem Wagen herab, manche hatte man auf dem Stadtplatz auf den Gaskandelabern erhängt. Ein trauriger Gedenktag.... Und wie in Landskron war es überall im Sudetenland, besonders im Riesengebirge......"

In Landskron wurde das Dekanatsamt von Administrator Josef Pipal übernommen.
Dieser tschechische Geistliche handelte nicht im christlichem Sinn als er bei einer Predigt bei St. Magdalena sagte: "Was man den Deutschen nimmt ist keine Sünde, sondern Vergeltung".

Pfarrer Augstin Janischek aus Müglitz schrieb: "Die Zahl der Toten kann nur annähernd angegeben werden mit ca 70, davon 50 Selbstmorde. Eine ziemlich hohe Zahl von Männern wurde ins KZ nach Auschwitz und von dort nach Russland verschleppt...."

Erschütternd ist auch der Bericht von Pfarrer Johannes Hruschka aus Witteschau. Er schrieb: "Am 9.Mai wurde mein Bruder Rudolf Friedrich, wohnhaft in Witteschau, von tschechischen Partisanen aus dem Dorf Lesche, Kr Hohenstadt in seinem Haus zuerst blutig geschlagen. Er konnte vor Blutverlust und Schwäche nicht mehr gehen. In blinder Wurt wurde er sodann vors Haus geschleppt, wo er erschossen wurde. Kann man sich in das durchlittene Leid jenes Opfers versetzen, bevor ihm der "Gnadenschuß" gegeben wurde? Unweit des Hauses wurde er sodann unter einem Birnbaum begraben"....

Von besonderer Bedeutung an dem Werk ist, dass die einzelnen Textinhalte der Originale unverändert wiedergegeben wurden. Diese Berichte haben einen hohen Beweis- bzw. Dokumentationswert. Damit kann tschechischen Chauvinisten, die oft behaupten Schilderungen seien manipuliert worden, der Wind aus den Segeln genommen werden.

Der Schönhengstgau war bis zur Vertreibung der Deutschen die größte Sprachinsel des sudetendeutschen Volkstums. Nach der Volkzählung im Jahre 1930 lebten im Schönhengstgau, der ein Gebiet von 1.180 Quadratkilometern umfasste, 126.000 Deutsche und 5.300 Tschechen.

Das Buch ist eine Fundgrube für jeden, der sich objektiv mit der Vergangenheit befassen will. Es ist reich bebildert. Im Anhang sind zahlreiche Dokumentaraufnahmen. Sie vermitteln ein plastisches Bild über die Vertreibung. Besonders junge Leute erhalten dadurch einen Einblick in das damalige, unmenschliche Geschehen.

Das Buch wurde vom Schönhengster Heimatbund, Schloßstraße 14, 73033 Göppingen, herausgegeben. Der Preis beträgt 16 Euro einschließlich Versandkosten. Das Buch ist nur beim Schönhengster Heimatbund erhältlich.

Adolf Wolf